Bundesgerichtshof setzt
Verfahren gegen Facebook wegen Verstößen gegen Datenschutzrecht bis zu einer Entscheidung des EuGH aus
Zusammenfassung:
Der unter anderem für
Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige
I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute ein bei ihm anhängiges Verfahren
des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände gegen
Facebook wegen Verstößen gegen Datenschutzrecht bis zur Entscheidung des
Gerichtshofs der Europäischen Union in einem diesem vom Oberlandesgericht
Düsseldorf vorgelegten Vorabentscheidungsverfahren ausgesetzt.
Sachverhalt:
Die in Irland ansässige Beklagte, die Facebook Ireland Limited, betreibt
das soziale Netzwerk "Facebook". Auf der Internetplattform dieses
Netzwerks befindet sich ein "App-Zentrum", in dem die Beklagte den
Nutzern ihrer Plattform kostenlos Online-Spiele anderer Anbieter zugänglich
macht. Im November 2012 wurden in diesem App-Zentrum mehrere Spiele angeboten,
bei denen unter dem Button "Sofort spielen" folgende Hinweise zu
lesen waren: "Durch das Anklicken von ‚Spiel spielen" oben erhält
diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über
Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten,
einschließlich dein Punktestand und mehr."
Der Kläger ist der Dachverband der Verbraucherzentralen der
Bundesländer. Er ist der Ansicht, die Beklagte verstoße mit dieser Präsentation
der Spiele im "App-Zentrum" gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 TMG und §
4a Abs. 1 Satz 2 BDSG aF, weil die den Nutzern erteilten Hinweise zu Umfang und
Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer Daten unzureichend seien und daher
keine Grundlage für eine nach § 4a Abs. 1 Satz 1 BDSG aF wirksame Einwilligung
in die Nutzung der Daten bilden könnten. Der Kläger ist ferner der Auffassung,
dass es sich bei den verletzten datenschutzrechtlichen Vorschriften um
Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG aF
(jetzt § 3 Abs. 1, § 3a UWG) handele und ein Verstoß daher
wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG
begründe, zu deren Geltendmachung er als qualifizierte Einrichtung im Sinne von
§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG berechtigt sei.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu
unterlassen, auf ihrer Internetseite in einem App-Zentrum Spiele so zu
präsentieren, dass Nutzer der Internetplattform mit dem Betätigen eines Buttons
wie "Spiel spielen" die Erklärung abgeben, dass der Betreiber des
Spiels über das von der Beklagten betriebene soziale Netzwerk Informationen
über die dort hinterlegten personenbezogenen Daten erhält und ermächtigt ist,
Informationen im Namen der Nutzer zu übermitteln (posten). Die Berufung der
Beklagten hatte keinen Erfolg.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren in entsprechender Anwendung von
§ 148 I ZPO bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union
in der Rechtssache C-40/17 über das Vorabentscheidungsersuchen des
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Januar 2017 (Beschluss vom 19. Januar 2017
- I-20 U 40/16) ausgesetzt. Das Oberlandesgericht hat dem Gerichtshof der
Europäischen Union in diesem Verfahren, in dem es um den "Gefällt
mir"-Button von Facebook geht, die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt,
ob die Regelungen in Art. 22 bis 24 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz
natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum
freien Datenverkehr (Datenschutz-Richtlinie) einer nationalen Regelung
entgegenstehen, die - wie § 8 III Nr. 3 UWG - gemeinnützigen Verbänden zur
Wahrung der Interessen der Verbraucher die Befugnis einräumt, im Falle einer
Verletzung von Datenschutzvorschriften gegen den Verletzer vorzugehen. Diese
Frage ist auch im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich und nicht
zweifelsfrei zu beantworten. Möglicherweise lässt die Datenschutz-Richtlinie
eine Verfolgung von Verstößen allein durch die Datenschutzbehörden und die
Betroffenen und nicht durch Verbände zu.
Entscheidende Normen:
§ 13 I 1 TMG, § 4a I 1, 2 BDSG a.F., §§ 3 I, 3a, 8 I 1, III Nr. 3 UWG, § 148 I ZPO
Quelle:
BGH, Urt. v. 11.4.2019, I ZR 186/17
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