1. Hintergrund: Was kann man kündigen?
Man kann grundsätzlich nur sog. Dauerschuldverhältnisse
kündigen. Arbeitsverträge und Mietverträge sind solche Dauerschuldverhältnisse.
Kaufverträge und andere Verträge, die auf eine einmalige
Leistung gerichtet sind, kann man grundsätzlich nicht kündigen.
2. Grundsatz: Keine ordentliche Kündigung bei befristeten Verträgen
Man kann Dauerschuldverhältnisse grundsätzlich nur dann ordentlich kündigen, wenn keine Vertragslaufzeit bestimmt
ist. Ist hingegen keine Vertragslaufzeit bestimmt, kann grundsätzlich jede Partei den Vertrag jederzeit
ordentlich kündigen. Hierfür bedarf es grundsätzlich keines Kündigungsgrundes.
Beispiel: Luise benötigt ihren Laptop übergangsweise nicht. Daher vermietet sie ihn ihrer Freundin für 10 € pro Monat unbefristet. Sobald Luise ihren Laptop wiederhaben möchte, kann sie den Mietvertrag ordentlich kündigen. Eines Grundes („einer Rechtfertigung“) bedarf sie hierfür nicht.
Gegenbeispiel: Joe schließt einen Mobilfunkvertrag („Handyvertrag“) mit einer Vertragslaufzeit von 24 Monaten. Da der Vertrag befristet ist, kann er nicht ordentlich gekündigt werden.
3. Grundsatz: Außerordentliche Kündigung nur bei wichtigem Grund
Aus wichtigem Grund
kann man sich durch eine sog. außerordentliche
Kündigung von befristeten und auch von unbefristeten Verträgen lösen. Grundsätzlich – aber nicht immer – erfolgt eine solche außerordentliche Kündigung fristlos.
Beispiel: Marta mietet von Viola einen Pkw. Der Mietvertrag ist zulässig auf drei Jahre befristet. Viola darf nicht jederzeit ordentlich kündigen, schließlich darf Marta darauf vertrauen, den Pkw während der vereinbarten Vertragslaufzeit behalten zu dürfen. Liegt jedoch ein wichtiger Grund hierfür vor, darf Viola außerordentlich kündigen, beispielsweise wenn Marta die Miete für zwei aufeinanderfolgende Termine nicht entrichtet.
Beispiel: Nachdem Arthur zwei Monate für die Bank Benedikt gearbeitet hat, stiehlt er seinem Arbeitgeber einen neuen Laptop. Dem Arthur kann bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen sofort außerordentlich und fristlos gekündigt werden. Der hierfür erforderliche wichtige Grund liegt insbesondere in der Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses infolge des Diebstahls.
4. Ausnahme: Kündigungsschutz im Arbeits- und Wohnraummietrecht
Wir haben gelernt: Grundsätzlich kann man unbefristete Verträge jederzeit grundlos
kündigen. Hiervon gibt es jedoch im Arbeitsrecht und Wohnraummietrecht wichtige Ausnahmen.
Diese führen zu der verbreiteten Ansicht, man könne grundsätzlich nicht grundlos kündigen.
a) Wohnraummietrecht
Zum Schutz des Wohnraummieters wird das Recht des Vermieters, ordentlich zu kündigen, wesentlich eingeschränkt: Ohne ein berechtigtes Interesse
kann der Vermieter nicht kündigen. Insbesondere darf er nicht zum Zwecke der Mieterhöhung kündigen.
Ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat der Vermieter etwa, wenn er die Räume für sich, seine Familienangehörigen
oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Hierbei handelt es sich um die sog. Eigenbedarfskündigung.
Es sei betont, dass die genannten Einschränkungen nur Mietverhältnisse über Wohnraum
betreffen. Sie gelten etwa nicht für Mietverhältnisse über Grundstücke, Gewerberäume oder bewegliche Sachen.
b) Arbeitsrecht
Viele (nicht alle) Arbeitnehmer genießen einen besonderen Kündigungsschutz.
Die Gründe hierfür – insbesondere sozialer Schutz – liegen auf der Hand. Der Kündigungsschutz ist ein Kapitel für sich, ihn hier in aller Kürze darzustellen wäre nicht zweckmäßig. Für unsere Zwecke ausreichend ist es, sich zu merken, dass Arbeitnehmern häufig nicht grundlos
ordentlich gekündigt werden kann.
Beispiel: Alice arbeitet seit drei Jahren für einen großen DAX-Konzern. In ihrem Betrieb arbeiten 300 Arbeitnehmer. Grundlos darf ihr grundsätzlich nicht ordentlich gekündigt werden. Anders kann es liegen, wenn sie wider entsprechender Abmahnungen wiederholt und unentschuldigt zu spät zur Arbeit kam.
5. Kündigungsfristen
a) Ordentliche Kündigung
Bei ordentlichen Kündigungen müssen häufig Kündigungsfristen
eingehalten werden. Dazu gehören unter anderem
- die ordentliche Kündigung eines Mietvertrages über Wohnraum, gleich ob durch den Vermieter oder den Mieter, und
- die ordentliche Kündigung eines Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber.
Beispiel: Amelie arbeitet seit dem 01. Januar 2014 für das Pharmaunternehmen Butz. Am 23. Februar 2022 wird ihr ordentlich gekündigt; ein Kündigungsgrund besteht.
Da ihr Arbeitsverhältnis mindestens acht Jahre bestand,
gilt eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats (§ 622 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Daher endet ihr Arbeitsverhältnis erst zum 31. Mai 2022.
b) Außerordentliche Kündigung
Außerordentliche Kündigungen erfolgen häufig fristlos.
Aber dies ist wie gesehen nicht das entscheidende Charakteristikum der außerordentlichen Kündigungen. Unter Umständen kann auch die außerordentliche Kündigung nur unter Einhaltung einer Auslauffrist
erklärt werden.
- Liegt ein wichtiger Grund zur Kündigung vor, muss der Arbeitgeber nicht fristlos kündigen. Vielmehr steht es ihm frei, die außerordentliche Kündigung unter einer sog. sozialen Auslauffrist
zu erklären.
- In besonderen Konstellationen muss
mit einer sog. notwendigen Auslauffrist
außerordentlich gekündigt werden. Das ist beispielsweise der Fall, wenn das Recht des Arbeitgebers zur ordentlichen Kündigung kraft Tarifvertrags ausgeschlossen ist. Durch diesen Ausschluss wird der Arbeitnehmer besonders geschützt. Der Arbeitnehmer soll wegen dieses besonderen Schutzes nicht benachteiligt werden. Daher darf der Arbeitgeber grundsätzlich nur dann fristlos
außerordentlich kündigen, wenn ihm die Einhaltung einer Kündigungsfrist auch dann unzumutbar
wäre, wenn er einem vergleichbaren ordentlich kündbaren Arbeitnehmer
kündigen würde.
6. Für besonders Interessierte
Das dargestellte Einordnung der ordentlichen und außerordentlichen Kündigung lässt sich sowohl an § 542 BGB als auch an § 620 BGB hervorragend nachvollziehen. Nach § 542 Abs. 1 BGB und § 620 Abs. 2 Alt. 1 BGB kann jede Partei das Miet- oder Dienstverhältnis (ordentlich) kündigen, wenn keine Dauer des Vertragsverhältnisses bestimmt ist. Sonst endet das Vertragsverhältnis grundsätzlich durch Zeitablauf (§§ 542 Abs. 2, 620 Abs. 1 BGB), wenn es nicht außerordentlich gekündigt wird (§§ 542 Abs. 2 Nr. 1, 626 BGB).
a) Recht zur ordentlichen Kündigung bei befristeten Arbeitsverträgen
Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch § 15 Abs. 3 TzBfG. Dieser statuiert, dass befristete Arbeitsverträge in Ausnahme vom Grundsatz ordentlich gekündigt werden können, wenn dies im Arbeitsvertrag oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist. Des § 15 Abs. 3 TzBfG bedürfte es schließlich nicht, wenn befristete Arbeitsverhältnisse schon von Natur aus ordentlich gekündigt werden könnten.
b) Dauerschuldverhältnisse
Es fiel der Begriff des Dauerschuldverhältnisses. Diesen wollen wir Ihnen noch erklären. Dauerschuldverhältnisse
- verpflichten zu einem dauernden Verhalten (Bsp.: Der Vermieter ist dazu verpflichtet, den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit fortwährend zu gewähren) oder zu wiederkehrenden Leistungen (Bsp.: Monatliche Mietzahlungen) und
- der Gesamtumfang der Leistung hängt von der Dauer der Rechtsbeziehung ab (Bsp.: Je länger der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber arbeitet, desto mehr verdient er).